Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
zum Thema Kampfhunde
Importverbot für gefährliche Tiere bestätigt
Das vor drei Jahren erlassene Zuchtverbot für gefährliche Hunde
ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit dem
Grundgesetz unvereinbar. Das Bundesgesetz sei mit den Grundrechten
der Halter und Züchter nicht vereinbar, hieß es in dem am Dienstag
verkündeten Urteil. Dagegen bestätigten die Richter eine Vorschrift,
die den Import einiger Kampfhunderassen untersagt.
Wer die Kampfhunde dennoch nach Deutschland
importiert, kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
belegt werden. Landesrechtliche Regelungen waren nicht Gegenstand
des Verfahrens. Als besonders gefährlich gelten nach dem Gesetz
die Kampfhund-Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier,
Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier. Der Erste Senat des
Verfassungsgerichts gab damit den Klägern, Kampfhund-Züchtern
und -Haltern, teilweise recht.
Bundesgesetz sollte Länder unterstützen
Laut Urteil hatte der Bund nicht das Recht, Zuchtverbote für
einzelne Hunderassen zu erlassen, da dies Ländersache sei. Das
Verbot war erlassen worden, nachdem im Sommer 2000 ein Junge
auf einem Spielplatz in Hamburg von zwei Kampfhunden zu Tode
gebissen worden war Die meisten Bundesländer hatten für diese
Rassen zuvor einen Maulkorb- und Leinenzwang verhängt und die
Haltung der Tiere von behördlichen Genehmigungen abhängig gemacht.
Das Bundesgesetz sollte diese Landesgesetze ergänzen.
Nach dem schrecklichen Tod des sechsjährigen Volkan verschärften
viele Bundesländer die Hundehalterverordnungen. Auch der Bund
erließ im April 2001 das "Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher
Hunde", das die Zucht, Einfuhr und Handel von bestimmten
Hunderassen verbietet. Außerdem wurde das Strafgesetzbuch um
eine Vorschrift erweitert, die Verstöße gegen die unterschiedlichen
landesrechtlichen Zucht- und Handelsverbote unter Strafe stellt.
Alle zwei Jahre ein Wesenstest
Rund 50 Hundehalter und -züchter hatten jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht
in Karlsruhe gegen das Gesetz geklagt. Mit der Klage wolle man
die Rasselisten der verschiedenen Bundesländer vom Tisch bekommen,
erklärt der hessische Hundezüchter Hermann Lock, der Vorstand
des Clubs ist, der bei der Klage als Beschwerdeführer auftritt.
In Hessen werden an die Halter bestimmter Hunderassen hohe Anforderungen
gestellt. "Die Einschränkungen liegen darin, dass wir mit
unseren Hunden alle zwei Jahre einen Wesenstest machen müssen",
sagt Lock, der Old English Mastiffs züchtet. Auch diese Rasse
wurde in Hessen als gefährlich eingestuft. "Wir selbst
müssen Sachkundenachweise vorlegen, dass wir diese Hunde führen
dürfen", so Lock weiter. Durch die hohen Auflagen für die
Halter ist kaum jemand an solchen Hunden interessiert und die
Zucht von Hermann Lock liegt darnieder.
Das Risiko geht vom Menschen aus
Nach Ansicht der Kläger gibt es keine besonders gefährlichen
Rassen. Das Risiko könne nur bei jedem Tier individuell festgestellt
werden und gehe letztlich vom Menschen aus. Tierpsychologen
und der Deutsche Tierschutzbund sind ähnlicher Meinung.
Nach Ansicht der Sachverständigen Helga Eichelberg vom Zoologischen
Institut der Universität Bonn, ist "Gefährlichkeit"
kein Rassemerkmal für Hunde. Es gebe entgegen der gesetzlichen
Annahme auch grundsätzlich keine gefährliche Hunderasse. Der Hund
sei als soziales Tier allerdings höchst manipulierbar und lasse
sich vom Menschen auf den Status eines Werkzeugs reduzieren. Ob
ein Hund gefährlich werde, entscheide der Mensch durch gezielte
Abrichtung oder durch die so genannte Qualzüchtung, die Paarung
besonders aggressiver Hunde untereinander.
Die Biologin und Vizevorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes,
Brigitte Rusche, plädiert dafür, dass jeder Hund etwa bei Amtstierärzten
oder Hundezuchtverbänden künftig einen so genannten Zuchteignungstest
abzulegen hat. Sollte sich dabei herausstellen, dass der Hund
zu aggressiv auf Provokationen reagiere, müsse er für zuchtuntauglich
erklärt und gegebenenfalls kastriert werden.
Wesenstests unpraktikabel
Die Bundesregierung hält die verbotenen Rassen - Pitbull, Staffordshire
Terrier, Staffordshire-Bullterrier oder Bullterrier - jedenfalls
für überproportional gefährlich und individuelle Wesenstests für
unpraktikabel. Ob das Rasse-Argument tragfähig ist, blieb in der
Verhandlung letztlich offen.
Neben dem Streit um das Verbot von Hunderassen könnte ein weiterer
Umstand die Entscheidung der Karlsruher Richter maßgeblich beeinflussen:
In der Verhandlung wurden Zweifel laut, ob der Bund die Kampfhundegesetze
nicht den Ländern überlassen müsste. Zwar ist der Bundesgesetzgeber
für den Tierschutz zuständig - doch hier, so merkte das Gericht
während der Verhandlung an, gehe es doch wohl eher um den Schutz
von Menschen vor gefährlichen Tieren und dafür seien womöglich
die Länder zuständig.
Quelle: http://www.phoenix.de/ereig/exp/19310/index.html